Es wird immer schwieriger, Firmen, Unternehmen, Handwerker, Selbstständige zu finden, heißt es. Dies ist der Fachkräftemangel. Aber was ist der Grund?
Die Leute hätten keine gute Ausbildung und könnten deshalb die anspruchsvollen Tätigkeiten nicht ausführen. Oder es liegt daran, dass die Bewohner nicht genügend Kinder in die Welt setzen. Es liegt also an den Bürgern, dass wir nicht voran kommen?
Eine andere Erklärung besagt, dass es an den Gesetzen und Regeln, dass es an der Gestaltung der Gesellschaft liegt. Politiker und Regierungen machen keine gute Arbeit. Die Sozialgesetzgebung, Wirtschaftsordnung, Arbeits- und Gesundheitspolitik seien schlecht und den Schaden haben dann die Bürger, mit den bestehenden Verhältnissen.
Welche Sicht auf die Gesellschaft die Leute auch haben, wir können mit den bestehenden Verhältnissen nicht zufrieden sein. Deshalb ist eine sachthemenbezogene politische Diskussion der gegebenen Umstände notwendig. Die Bürgerinnen und Bürger müssten sich in die Einzelheiten der gesellschaftlichen Gestaltung einmischen und ihre Präferenzen, Vorstellungen und Interessen einbringen, die in der Folge von den Entscheidern berücksichtigt und umgesetzt gehören.
Stattdessen geht es in den Medien meist nur um die Gruppenzugehörigkeit und die Frage, welchem Lager sich die Leute zuordnen. Da gibt es das Lager der Guten und das Lager der Bösen. Und die Medien wollen ein Bekenntnis der Leute, dass sie sich zu den Guten zuordnen. Diese vereinfachte Weltsicht hat aber nur Nachteile. Erstens könnte es sein, dass die Guten gar nicht nur gut sind, sondern auch böse. Außerdem ist die Einteilung der Welt in Gut und Böse, naiv. Denn die Wirklichkeit lässt sich nicht mit solchen banalen Weltsichten abbilden. Wer sich aber nicht sofort bereiterklärt, sich zu den Guten zu bekennen, weil man z.B. sich überparteilich orientiert, wird sofort in die rechte Ecke geschubst und als rechts und Schwurbler denunziert, auch wenn es gar nicht stimmt. Das soll dann die Leute einschüchtern und dazu drängen, dass sie sich doch zu den Guten bekennen, um nicht bei den Schlechten eingeordnet zu werden, von den angeblich Guten.
Überhaupt ist heute Überparteilichkeit völlig aus der Mode gekommen. Früher war Überparteilichkeit eine kluge Entscheidung, weil doch jede parteiische Gruppe ihre Schwächen und Nachteile hat. Heute hingegen, ist der Druck auf die Bewohner dermaßen groß, sich den Parteien oder Regierungen zuzuordnen und sich einem Lager anzuschließen, dass Überparteilichkeit kaum noch anzutreffen ist.
So war Überparteilichkeit eine Grundvoraussetzung, um überhaupt Gesellschaftsanalyse betreiben zu können. Denn wie soll ehrliche und wahrhaftige Gesellschaftsanalyse aussehen, wenn man sich vorab einem Lager zurechnet? Dann kann doch das Urteil nur einseitig und durch die rosarote Brille des eigenen Lagers gefärbt sein.
Aber diese Schwächen in der Wahrnehmung der Realität werden heute billigend in Kauf genommen, Hauptsache, die Leute bekennen sich als Fans und Anhänger eines bestimmten Lagers. Und dann steht aber jegliche sachliche Diskussion über Themen der Gesellschaftsgestaltung hintenan. Denn es ist viel wichtiger, sich zu einem Lager zu bekennen.
Diese Vorgänge und Prozesse führen letztlich dazu, dass man den Berichterstattungen und Analysten ihre Stories nicht mehr glaubt, weil man sehr schnell in ihren Geschichten die Schwächen erkennt, wie sie einseitig die Gegenseite schlecht darstellen und sich selbst und ihr Lager übertrieben positiv. Man glaubt ihnen ihre Botschaften nicht mehr und wendet sich alsbald von ihnen wieder ab. Das ist auch der Grund, warum Journalisten so sehr unter Druck geraten und als neutrale Berichterstatter, die überparteilich berichten, nicht mehr ernst genommen werden. Denn in Wahrheit, sind sie alle von ihren Auftraggebern, Geldgebern, Arbeitgebern abhängig, was diese für Botschaften über ihre Kanäle verbreitet sehen wollen.
Andererseits könnte die Idee, dass wir nicht mehr als Gruppe alle widerstrebenden Kräfte der Gruppe zugehörig ansehen, eine neue Wahrheit darstellen, der wir bereit sind zu folgen. Es wäre dann ab er zu fragen, was ist das Gute, dem wir uns exklusiv anschließen, ohne noch die widerstrebenden Kräfte mittragen zu wollen.
Denn das, was die totalitären, autoritären Staaten ausmacht, das kann es nicht sein, was das Gute bedeutet. Wenn wir uns schon dem Guten zurechnen wollen und nicht dem Bösen und Schlechten, muss das Gute von Wert sein. Was ist von Wert?
Es können einzig und ausschließlich nur die Grundrechte und Menschenrechte sein. Nichts anderes ist von Wert. Alles andere ist nachrangig. Wenn wir uns also exklusiv einer guten Sache zuordnen wollen, die keine widerstrebenden Kräfte duldet, dann können es nur diese Grundrechte sein. Und dann wäre ein Lagerdenken berechtigt. Und man würde die ausschließen und zu den Schlechten und Bösen rechnen, die sich nicht dieser Grundorientierung an den Menschenrechten anschließen.
Wer aber im Notfall, das heißt, bei nächster Gelegenheit die Grundrechte der Leute in die Mülltonne schmeißen will, der gehört nicht zu den Guten. Und wer in totalitärer und diktatorischer Manier dem Souverän in der Demokratie, dem Bürger auf der Nase herumtanzen will, der auch nicht.
Deswegen müssen die Bewohner auch so genau hinschauen, wer die Guten und wer die Schlechten sind, denn es kann umgekehrt sein oder ganz anders als man meinte.